Die Ballerina Angèle Albrecht starb in München
Nachruf von Malve Gradinger
(Veröffentlicht in: Ballett-Journal/Das Tanzarchiv, Nr. 4 v. 1. Oktober 2000, S. 74.)
Sie gehörte zu den großen Ballettstars der neoklassischen Glanzzeit: Angele Albrecht (12. Dezember 1942 bis 1. August 2000), eine technisch hochbrillante, persönlichkeitsstarke Interpretin. Nach ihrem ersten Engagement in Mannheim tanzte sie von 1961 bis 1967 im Hamburger Ballett unter der Leitung von Peter van Dyk (mit Partnern wie Heinz Clauss und Rainer Köchermann). Von 1967 bis 1979 arbeitete sie bei Maurice Bejart in dessen illustrem Brüsseler Ballett du XXe siede. Jetzt starb sie, erst 57-jährig, in München an Herzversagen.
Als Tochter eines angesehenen bayerischen Kirchenmalers – von dem sie auch ein beachtliches Maltalent geerbt hatte – konnte Angele Albrecht in München schon früh bei Lula von Sachnowsky studieren. Es folgte eine Ausbildung bei der Royal Ballett School in London. George Balanchine, der in Hamburg viele seiner Ballette einstudierte, entdeckte sie dort als "große Ballerina". Bravourös tanzte sie in seinen Balletten Vier Temperamente, Concerto Barocco und Apollon Musagete. Bei Maurice Bejart kreierte sie zahlreiche Rollen in Tanzstücken wie Nijinsky, Clown de Dieu (1971), Baudelaire (1972) und I Trionfi (1973). Sie triumphierte aber auch in Bejarts Bhakti, Bolero und Sacre.
1979 beendete Angèle Albrecht ihre Karriere und eröffnete in Brüssel ein Tanzstudio. Von ihrem Vater nach München zurückgeholt, fasste sie dort allerdings nicht mehr so recht Fuß. Ausstellungen ihrer Zeichnungen und Ballett-Unterricht blieben ephemere Aktivitäten. In ihrer Überschussenergie hat sich die Künstlerin selbst verbrannt. Zurück bleibt ihre Familie, ihre Schwester, die bekannte Schauspielerin Beles Adam, und Angele Albrechts Sohn aus ihrer Verbindung mit Lorca Massine, dem Sohn des berühmten Choreographen Leonid Massine.