"Zum ersten Male seit einigen Jahren tritt Charlotte Bara wieder in Berlin auf, und zwar im Rahmen der Katholischen Volkshochschul-Veranstaltungen im Festsaal des Gymnasiums zum Grauen Kloster. Der Raum gibt Stimmung, aber keine durchaus günstige, denn er ist überfüllt, es hapert mit der Beleuchtung, und außerdem herrscht Mangel an Programmen.
Dennoch – Charlotte Baras religiöse Kunstrichtung ist in solcher Umgebung heimisch. Es ist etwas Mystisches um diese autodidaktische Tänzerin, sie hat die Vokation, das ist nicht zu leugnen. Oft stört Mangel an Technik, es stören die geknickten Knie, aber in weitausholenden Tanzschritten und in Posen voll wahrhaft erschütternder Einfalt, voll verzückter Frommheit, ergreift sie wie je. Sie hat ganz für sich die Seele der Gotik entdeckt, in Stein- und Holzbildern ist sie ihr offenbar geworden, und nun bildet der Körper dieses Mädchens aus dem zwanzigsten Jahrhundert jene stille Gottseligkeit ehrfürchtig nach. Und auch die spätere religiöse Malerei ist ihr oft Vorbild und Anregung. Hätte sie aber in der Zeit, in der sie geistig lebt, im Mittelalter, ihren (inzwischen etwas abgeblaßten) Totentanz sehen lassen, so würde sie sicher als Hexe verbrannt worden sein."
E.M., Berliner Zeitung, Februar 1928