Recherchiert von Miriam Leysner und Maren Zimmermann im Rahmen einer Übung im M.A.-Studiengang Tanzwissenschaft (Modul: Historiographie) an der Hochschule für Musik und Tanz Köln im SS 2011.
Georg Zivier wurde am 13. Februar 1897 in Breslau als Sohn eines Historikers und Archivdirektors geboren. Da sein Vater in Diensten des Fürsten von Pleß stand, hatte er als Kind Gelegenheit, das russische Ballett am Zarenhof zu sehen. Vielleicht wurde hier der Grundstein für seine Affinität zum Tanz gelegt. In Greifswald studierte er Naturwissenschaften und Philosophie. Anfang der 1920er Jahre in München war er
Mitbegründer der avantgardistischen Literaturzeitschrift Der Feuerreiter, an der Persönlichkeiten wie Bertolt Brecht, Max Brod, Alfred Döblin, Heinrich Mann, Ludwig Marcuse, Robert Musil u.a. mitarbeiteten. Für den Theodor Knaur Nachf. Verlag übersetzte er in den 1920er Jahren auch Romane aus dem Französischen und Englischen.
Zivier war Schriftsteller und Kritiker, der zahlreiche Romane, Artikel, Essays, Monographien, Kritiken und Hörspiele zu einer großen Bandbreite von kulturellen und kulturhistorischen Themen verfasst hat. Hauptsächlicher Lebens- und Wirkungsort Ziviers war Berlin; seiner Verbundenheit zur Berliner Kunst- und Kulturszene hat er mit dem Roman über den Künstlertreffpunkt „Das Romanische Café“ 1965 ein Denkmal gesetzt.
In der Zeit des Nationalsozialismus schrieb Zivier unter dem Pseudonym „Hans Georg“ bzw. unter dem Namen seines Freundes Hans Nowak weiter. Nach 1945 war Zivier Redakteur beim Telegraf‘, Tanz- und Theaterkritiker und Feuilletonist bei der Neuen Zeitung (wo er in seltenen Fällen auch unter dem Pseudonym Georg Pleß publizierte) und seit den 1950er Jahren beim Berliner Tagesspiegel. Selbst jüdischer Abstammung, setzte er sich in seinem 1971 erschienenen Buch mit „Deutschland und seine(n) Juden“ auseinander.
Zum Tanz hat er zwei Monographien geschrieben: Die Mary Wigman-Biographie „Harmonie und Ekstase: Mary Wigman“ erschien 1956. Die 1968 veröffentlichte Schilderung der Tanz- und Kulturszene Berlins vom 16. Jahrhundert über die 1920er und 1930er Jahre bis in die 1960er Jahre trägt den Titel „Berlin und der Tanz“. Ein eigenes Tanzdrama namens „Xaho-Tun“ (oder „Xahoh-Tun“) hatte er bereits in den 1920er Jahren geschaffen. In den 1950er und 1960er Jahren hat er vor allem in Berlin zahlreiche Tanzkritiken verfasst, die wie die beiden Monographien nicht nur durch ihren Kenntnisreichtum, sondern auch durch den selbstverständlich-eleganten Schreibstil bestechen.
Aufgeschlossen sowohl dem klassischen, als auch dem modernen Tanz gegenüber gehörte Zivier – wie der Gründer des Deutschen Tanzarchivs Köln, Kurt Peters, in seinem Nachruf schrieb – „zu jener alten, vornehmen Kritikergeneration, der die Seele des Tanzes noch die dichterische ist, der das tänzerische Ungenügen noch menschlich verzeihlich ist und der die Hilfestellung und Anteilnahme für das Werdende und Wollende so wichtig ist wie das künstlerische Urteil."
Für sein Kinderstück „Perlicke-Perlacke“ erhielt er 1963 den Brüder-Grimm-Preis des Landes Berlin, und 1967 ist ihm das Bundesverdienstkreuz verliehen worden.
Georg Zivier starb am 19.März 1974; sein Grab befindet sich auf dem Zehlendorfer Waldfriedhof in Berlin.
Im Deutschen Tanzarchiv Köln befindet sich der – vor allem durch die Kriegseinwirkungen nicht sehr umfangreiche – Nachlass von Georg Zivier. Er enthält zahlreiche Typoskripte, zum Beispiel zu der Monographie „Berlin und der Tanz“ (Typoskript-Titel: „Tanz an der Spree“) oder zu „Geschichten aus Gestapolis“ (veröffentlicht 1949 in seinem Buch „Licht und Schatten. Erzählungen, Fabeln und Satiren“) und zu Rundfunkbeiträgen, eine von ihm angelegte Sammlung seiner Feuilletons ab 1946 sowie einige Fotos und Korrespondenzen. Sehr viele seiner Kritiken und Artikel befinden sich zudem unabhängig vom Nachlass in der Dokumentation und in der Bibliothek des Deutschen Tanzarchivs Köln.
Ein Beispiel für die Gestaltung der Vermittlungstätigkeit einer Konzertagentur bei Tanzaufführungen in den 1920er Jahren: "Ich wüsste nicht, was ich Ihnen für einen Vertragsentwurf zugehen lassen sollte. Die Sache ist doch ganz einfach so: Sie, resp. Frau M'ahesa übertragen mir die Alleinvertretung für die grosse Ballett-Aufführung mit der Musik des Herrn Schulhoff für das In- und Ausland. Sämtliche Unkosten, die ich habe, werden mir ersetzt und mir zu diesem Zwecke ein entsprechender Betrag vorher eingeschickt. Von den Engagements, die perfektioniert werden, erhalte ich 10% Provision, die sofort nach Absolvierung eines jeden Gastspiels auf mein Postscheckkonto Hannover Nr. 34517 einzuzahlen sind. Von ausländischen Abschlüssen erhalte ich meine Provision in der Währung des betr. Landes. - Ferner bitte ich um umgehenden Bescheid, wann Frau M'ahesa im Oktober oder Anfang November hier allein auftreten könnte und welches ihre Bedingungen sind. Die Honorare werden jetzt nach Indexmark berechnet, unter Zugrundelegung einer nicht allzuhohen Friedenssumme. Die deutschen Theater sind jetzt auch nicht auf Rosen gebettet und infolgedessen bitte ich Sie, die Grundsumme nicht allzuhoch zu nennen. Ihrem umgehenden Bescheid sehe ich entgegen und zeichne hochachtungsvoll - Konzert-Direktion Arthur Bernstein."
© Deutsches Tanzarchiv Köln
nach einer choreographischen Grundidee von Sent M'ahesa, 1923. Typoskript mit handschriftlichen Ergänzungen. (Nachlass Georg Zivier, Deutsches Tanzarchiv Köln). Personenliste. Nach dem von Abbé Brasseur de Bourbourg 1862 in Quichée und Französisch veröffentlichten "Rabinal-Achi vepu zahoh-Tun u bi xahos rech vae tinamit Rabinal" (Rabinal-Achi ou le drame-ballet du Tun).
über ein antik-mexikanisches Original nach einer choreographischen Grundidee von Sent M'ahesa, 1923. Typoskript. (Nachlass Georg Zivier, Deutsches Tanzarchiv Köln). Seite 1 mit handschriftlichen Korrekturen. Nach dem von Abbé Brasseur de Bourbourg 1862 in Quichée und Französisch veröffentlichten "Rabinal-Achi vepu zahoh-Tun u bi xahos rech vae tinamit Rabinal" (Rabinal-Achi ou le drame-ballet du Tun)
aus dem Berlin der Nachkriegszeit Die Neue Zeitung Nr. 293 vom 15. Dezember 1950): "Es ist ihr wie keiner anderen gegeben, durch stimmliche Modulationen und durch Bewegungsnuancen jene sieben Schleier zu lüften, mit denen die ewige menschliche Gier sich kaschiert. Valeska Gert gehört in ihrer Art zu den kabarettistischen Sehenswürdigkeiten der Epoche."
"Herzlichen Dank für Ihre wunderschönen Zeilen. Sie werden noch sehen, dass ich eitel und stolz werde. Ich umarme Sie, Ihre Tatjana Gsovsky".
Typoskript, 17 S. (Nachlass Georg Zivier, Deutsches Tanzarchiv Köln).
Kurt Peters schrieb 1974 in seinem Nachruf: "Zivier gehörte zu jener alten, vornehmen Kritikergeneration, der die Seele des Tanzes noch die dichterische ist, der das tänzerische Ungenügen noch menschlich verzeihlich ist und der die Hilfestellung und Anteilnahme für das Werdende und Wollende so wichtig ist wie das künstlerische Urteil." (Das Tanzarchiv, H. 12, Mai 1974, S. 408).