Faszinierend und vielfältig sind die Zeugnisse, die den Wunsch belegen, Tanz zu bewahren, das Flüchtige der Tanzkunst zu überwinden. Eine Auswahl davon präsentiert das Deutschen Tanzarchiv Köln in seiner neuen Jahresausstellung "IRGENDWAS FEHLT IMMER. Vom Sammeln und Bewahren".

Die Spannbreite reicht dabei von historischen Tanzlehrbüchern über künstlerisch gestaltete Tanznotationen, von leidenschaftlich gesammelten Hinterlassenschaften einer Primaballerina aus dem 19. Jahrhundert, bis hin zur digitalen Tanzschule eines Choreographen und Ballettdirektors aus dem 20. Jahrhundert und der künstlerisch-bewegten Tagebuchs einer Choreographin und Bewegungsforscherin über 366 Tage in der Pandemie des Jahres 2020. Daneben zeigt die Ausstellung aber auch Beispiele aus seiner reichhaltigen Sammlung von Tanznotationen – der Repräsentation von Bewegung mittels figurativer oder abstrakter Zeichen.



Die Ausstellung IRGENDWAS FEHLT IMMER öffnet aber auch die Tür in Richtung Zukunft und macht dabei deutlich, vor welchen Herausforderungen das Archiv und die Archivierung von Tanz stehen: mit Datenanzügen aufgezeichnete Bewegungen werden mit Augmented-Reality Brillen wieder sichtbar und erlebbar gemacht. Könnte dies neue Möglichkeiten der Dokumentation von Tanz eröffnen? Wer weiß – vielleicht erleben Besucher*innen des Deutschen Tanzarchivs Köln und seines Museums in 20 oder 30 Jahren wie mittels KI im Umgang mit historischen Tanzfotografien aus dem Deutschen Tanzarchiv Köln verloren geglaubte Tänze neu visualisiert vor Ihre Augen treten.

Doch am Anfang der Kunst Tanz zu archivieren war das Buch. Bereits auf das 16. Jahrhundert gehen die ersten Tanzlehrbücher zurück. Bücher, die früh vom ewig jungen Wunsch von Tänzer*innen, Choreograph*innen und Tanzpädagog*innen zeugen, ihr Wissen vom Tanz zu bewahren und weiterzugeben. Die Aufnahme in die gelehrsamen Bücher dieser Zeit blieb jedoch den höfischen Tänzen der Edelleute vorbehalten. Volkes Tanz hingegen blieb außen vor, fand Ausdruck allenfalls in Form von humoristischen Graphiken. Eine Überlieferung fand nicht statt. Irgendwas fehlt immer.

Im Laufe der Jahrhunderte gründeten sich Einrichtungen wie Tanzlehrbibliotheken und Lehrsammlungen, private Sammlungen von Tanzliebhabern und – last but not least – große und kleine Spezialarchive der Tanzkunst in öffentlicher wie privater Trägerschaft. Künstler*innenarchive und Produktionsarchive von Tanzcompagnien kamen hinzu. Doch wie passioniert die Sammelleidenschaft, wie groß das Streben nach umfassender Dokumentation der Tanzkunst auch war – Irgendwas fehlt immer.

Die Vielfalt ist geblieben – das WorldWideWeb hinzugekommen. Aktuell manifestiert sich das Wissen um Tanz digital auf einer Vielzahl von Portalen und Social-Media-Kanälen. Und geht zuweilen ebenso schnell auch wieder verloren. Irgendwas fehlt immer.


Gedanken zur Ausstellung (Vortrag im Rahmen der Eröffnung der Ausstellung am 28. April 2023)
"IRGENDWAS FEHLT IMMER - Vom Sammeln und Bewahren" von Frau Dr. Martina Wiech, Leiterin der Abteilung Rheinland des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen und Mitglied des Beirats des Deutschen Tanzarchivs Köln
 

Und morgen? - Wie sieht Zukunft des Deutschen Tanzarchivs Köln und der Archivierung der Tanzkunst aus?
Wie soll ein Tanzarchiv der Zukunft aussehen? Was soll zukünftig in diesem Archiv bewahrt werden? Auf welche Weise möchten Sie dieses Archiv nutzen? Gibt es Dinge, die Sie dort bewahrt wissen wollen? Was darf auf keinen Fall fehlen?

Gestalten Sie mit uns gemeinsam die Zukunft des Deutschen Tanzarchivs Köln! Dafür haben wir in der Ausstellung Platz geschaffen:

  • für Ideen und Gedanken
  • für Wünsche
  • für Dinge, die Besucher*innen in ein Tanzarchiv der Zukunft einbringen wollen
  • und, und, und…

Und dafür nehmen wir uns in der Ausstellung Zeit:

Jeden ersten Donnerstag im Monat laden wir Sie ein, im Anschluss an die Führung um 18 Uhr im Tanzmuseum Ihre Leidenschaft für den Tanz und Ihre Ideen für ein Tanzarchiv der Zukunft mit uns und anderen zu teilen.

> Weitere Informationen zum Begleitprogramm