von Frank-Manuel Peter
Er war als erster Solotänzer der Städtischen Oper Berlin 1947 der begehrenswerte Josef in der Josefslegende und 1949 der schöne junge Faust der dortigen Abraxas-Premiere, und seine Fotos - zusammen mit Janine Charrat oder Lilo Herbeth – schmückten viele Illustriertentitelblätter der Zeit.
Er war aber auch der solistische Kammertänzer, der in Kritiken als „hochbefähigter und meisterlicher Jünger der großen Wigman“ bezeichnet wurde und dies in Tänzen wie Bolero, Hofnarr, Narziß oder barockem Gebet in der Traditionslinie von Alexander Sacharoff und Harald Kreutzberg unter Beweis stellte.
Und er war zugleich Autor, er schrieb über Tanz, Theater, Film oder Literatur und für den Berliner Telegraf eine ganze Anzahl kleiner Feuilletons. Zum Beispiel 1949 über Engel am Kurfürstendamm mitten „auf einer verrufenen, von Schiebern besetzen Kaffeeterrasse.“ Ein Buch von ihm über Gisela Deege mit Fotos von Siegfried Enkelmann erschien 1957.
Und außerdem war er bildender Künstler, der nicht nur seine Kostüme selbst entwarf und unzählige, sehr gekonnte Zeichnungen und Gemälde schuf, sondern es auch verstand, sichtlich von den Werken Pablo Picassos inspiriert, eine größere Anzahl ausstellenswerter Keramiken anzufertigen. Ein bemerkenswert gestaltetes Buch „Keramik – Kunst“, mit etlichen Abbildungen seiner Werke, publizierte er 1997, ein zweites zu diesem Thema befand sich 2002 druckfertig bei einem Verlag.
Und eigentlich hat er auch noch - spät - in München Theaterwissenschaft studiert. Seit den 1960er Jahren galt seine Liebe jedoch offenbar mehr der bildenden als der darstellenden Kunst und vor allem der klassischen und neueren Moderne, wovon eine beachtliche Sammlung von Kunstbüchern und Ausstellungskatalogen zeugte. Bei seinem Umzug in das kleine Berliner Einzimmer-Apartment hat er sich von vielen anderen Dingen leichten Herzens getrennt.
„Paris, Barcelona und Leipzig sind Stationen seines künstlerischen Werdegangs“, heißt es 1946 in der Berliner Zeitung, und dem gebürtigen Ungarn wird außerdem ein familiärer ägyptischer Einfluß nachgesagt. In Leipzig studierte er bei Mary Wigman und war von 1941/42 an drei Spielzeiten lang Solotänzer des dortigen Opernhauses. „Er hat Mut zur Eigenwilligkeit, das Sprechende der Hände, Grazie ist da, edle Erscheinung, kraftvolle und schöne Bewegung“, heißt es 1947. „Orban kann mit seiner starken, groß ausladenden Gebärde einen weiten Bühnenraum füllen und weiß seine bedeutenden Ausdrucksmittel klug zu nutzen“, schreibt Beda Prilipp 1948, die ihn beispielsweise einen Hl. Franziskus „ergriffen und ergreifend tanzen“ sah. Von der Städtischen Oper Berlin wechselte er für die Spielzeit 1950/51 an die Hamburgische Staatsoper (unter Dore Hoyer) und band sich für die Spielzeit 1953/54 an das Kölner Opernhaus (unter Karl Bergeest).
„Sein Tanz vollzieht sich nicht so sehr in gleitendem Bewegungsfluß, er ist mehr bildhaft geprägt und wechselt oft blitzschnell aus einer Prägung in die andere. Wundervoll ist das Spiel seiner Hände.“ (Berliner Zeitung 1946). Gleichermaßen mag dies für den Ballettsolisten, den modernen Kammertänzer, den Autor, Maler und Keramiker gelten. Die Vielseitigkeit seiner künstlerischen Interessen hat ihn ein wenig um größere Bekanntheit gebracht, doch am Ruhm war ihm, der nicht einmal seinen Geburtstag feierte, nichts gelegen. In der Nacht vom 28. zum 29. September 2002 ist Gabor Orban in Berlin verstorben.
„Schwäbische Illustrierte Presse“, Stuttgart, Nr. 1 vom 7. Januar 1950.
Foto ©: Siegfried Enkelmann / VG BildKunst Bonn
zum erstenmal in Deutschland“ („Funkwelt“, H. 45 v. 6.11.1949).
Foto ©: N.N. / Deutsches Tanzarchiv Köln
in Werner Egk’s „Abraxas“, Städtische Oper Berlin. „Die Reise“. Illustrierte. Hamburg, 2.Jg. H. 8, Oktober 1950
(Musik: J. S. Bach)
Erstveröffentlicht in Tanzjournal Nr. 1 / 2003, S. 68.
Gabor Orban vermachte die wenigen tanzbezüglichen Dokumente, die er aufbewahrt hatte, dem Deutschen Tanzarchiv Köln